Was bedeutet Barrierefreiheit auf Websites und warum ist sie wichtig?

3.09.24 | Webdesign | 0 Kommentare

Hast du schon mal versucht, eine Website nur mit der Tastatur zu bedienen – oder dir vorlesen zu lassen? Aber falls nicht, hier ein Vergleich, der greifbarer ist: Stell dir vor, du gehst in ein Restaurant, die Speisekarte ist nur in winziger Schrift gedruckt und es gibt keine Bilder der Gerichte. Du hast Schwierigkeiten, die Auswahl zu verstehen. Das ist frustrierend, oder? So fühlen sich viele Menschen, wenn sie auf eine Website stoßen, die nicht barrierefrei ist.

Barrierefreiheit im Web ist kein „nice to have“, sondern ein Muss. Nicht nur für gesetzliche Anforderungen – sondern auch für Vertrauen, Sichtbarkeit und Inklusion.

Was bedeutet Barrierefreiheit im Webdesign?

Barrierefreiheit bedeutet, dass digitale Inhalte für alle Menschen zugänglich sind – unabhängig davon, ob sie eine Seh- oder Hörbehinderung haben oder motorische Einschränkungen. Auch Menschen mit kognitiven Besonderheiten, neurodivergente Nutzer oder Menschen, die Hilfsgeräte wie Screenreader nutzen, profitieren davon.

Das Ziel: Digitale Barrieren abbauen – damit alle deine Inhalte erreichen können.

Begriffe rund um Barrierefreiheit findest du in meinem Glossar.

Und wie unterscheidet sich das von Nutzerfreundlichkeit?

Eine Website ist nutzerfreundlich, wenn sie angenehm zu bedienen ist.
Eine Website ist barrierefrei, wenn wirklich alle sie bedienen können.

Oder anders gesagt:

Eine barrierefreie Website ist immer auch nutzerfreundlich.
Aber nicht jede nutzerfreundliche Website ist automatisch barrierefrei.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) – Bin ich betroffen?

Vielleicht hast du schon davon gehört: Ab Juni 2025 tritt in Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Dieses Gesetz erweitert die Anforderungen auf private Unternehmen – besonders im digitalen Bereich. Ziel ist, dass alle Menschen gleichberechtigt auf digitale Inhalte zugreifen können.

Und das sorgt für viel Unsicherheit:

„Muss ich das jetzt alles umsetzen?“
„Gilt das auch für mich – oder nur für große Unternehmen?“

Die kurze Antwort: In den meisten Fällen – nein. Noch nicht.

Aber es lohnt sich, genauer hinzuschauen.

Was gilt bisher?

Schon jetzt sind bestimmte Gruppen gesetzlich verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten.
Dazu gehören:

  • Behörden und öffentliche Stellen (gemäß BGG und BITV 2.0)
  • Bildungseinrichtungen, Stadtwerke, Verkehrsbetriebe
  • Unternehmen mit öffentlichem Auftrag

Für diese gilt: Digitale Barrierefreiheit ist verpflichtend – und das schon seit Jahren.

Was ändert sich mit dem BFSG ab 2025?

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) erweitert sich der Geltungsbereich:
Ab dem 28. Juni 2025 werden auch viele private Anbieter digitaler Produkte und Dienstleistungen verpflichtet sein, ihre Angebote barrierefrei zu gestalten.

Dazu zählen unter anderem:

  • Webshops
  • Plattformen mit automatisierter Buchung oder Bezahlung
  • Anbieter digitaler Inhalte (z. B. E-Books, Onlinekurse)

Allerdings gilt das nur, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden:

  • Mehr als 10 Beschäftigte
  • Mehr als 2 Millionen Euro Jahresumsatz

Und was heißt das konkret für dich als Solopreneur?

Wenn du alleine arbeitest– zum Beispiel als Coach, Beraterin oder Designerin – und deine Website rein informativ ist (also keine automatisierten Verkaufsprozesse beinhaltet), bist du nicht verpflichtet, deine Website barrierefrei zu gestalten.

Auch wenn du über Kontaktformulare arbeitest oder 1:1-Dienstleistungen anbietest, greift das Gesetz aktuell nicht.

(Alles, was du hier liest, ist mit Liebe recherchiert – aber ersetzt keine professionelle Rechtsberatung.
Wenn du ganz sichergehen willst, ob das BFSG dich betrifft, sprich bitte mit einer Fachperson.
)

Aber:
Es kann sich lohnen, schon jetzt barrierefrei zu denken. Denn du…

  • beugst zukünftigen Anforderungen vor
  • zeigst Weitblick und Professionalität
  • vermeidest mögliche Ausschlüsse oder Beschwerden

Die rechtlichen Veränderungen zeigen:
Barrierefreiheit wird zum Standard.

Und selbst wenn du (noch) nicht betroffen bist:
Eine barrierefreie Website ist ein starkes Zeichen – für Verantwortung, Zukunftsfähigkeit und Vertrauen.

Vielleicht denkst du jetzt: Wenn ich nicht muss – warum sollte ich dann?
Ganz einfach: Barrierefreiheit ist mehr als eine gesetzliche Anforderung. Sie ist ein Vorteil – für dich und deine Nutzer.

Wenn du noch einen Schritt zurückgehen und verstehen willst, warum Barrierefreiheit weit mehr ist als Technik oder Pflicht, dann findest du im Artikel Barrierefreiheit auf deiner Website – was sie wirklich bedeutet eine gute Einordnung.

Warum sich Barrierefreiheit trotzdem lohnt

Weil es Menschen betrifft – mehr, als du denkst

Laut WHO leben weltweit über 1 Milliarde Menschen mit einer Behinderung. In Deutschland sind es rund 10 Millionen. Diese Menschen können deine Inhalte erfassen – ohne Hürden, ohne Umwege.

Weil Barrierefreiheit deine Reichweite erhöht

Eine Website, die für alle zugänglich ist, erreicht automatisch eine größere Zielgruppe. Und nicht nur Menschen mit Behinderungen profitieren: Auch ältere Nutzer, Menschen mit vorübergehenden Einschränkungen (z. B. gebrochene Hand) oder Personen mit schlechten Internetverbindungen freuen sich über eine gut durchdachte Website.

Barrierefreiheit Website, verletzte Hand, Augenprobleme
Auch für vorübergehende Behinderungen ist Barrierefreiheit wichtig

Weil barrierefreie Websites besser ranken

Google liebt Barrierefreiheit! Strukturierte Inhalte, klare Navigation und optimierte Ladezeiten verbessern nicht nur die Benutzerfreundlichkeit, sondern auch dein SEO-Ranking. Wenn du also gefunden werden willst, ist Barrierefreiheit ein wichtiger Faktor.

Die 4 Prinzipien der Web-Barrierefreiheit

Die WCAG-Richtlinien Web Content Accessibility Guidelines basieren auf vier Prinzipien. Wenn du die beachtest, bist du auf einem guten Weg:

Wahrnehmbarkeit

Inhalte sind sichtbar & hörbar – z. B. mit Kontrasten oder Alternativtexten.

Bedienbarkeit

Die Website sollte sich per Tastatur und Screenreader problemlos steuern lassen. Und Schaltflächen sind groß genug, damit sie leicht mit der Maus oder dem Finger geklickt werden können.

Barrierefreiheit Website, Screenreader, verschiedene Browser
Websites sollten mit Screenreadern und auf allen Browsern lesbar sein

Verständlichkeit

Navigation & Sprache sind klar, logisch und gut lesbar.

Robustheit

ie Technik funktioniert zuverlässig – auch mit Screenreader oder in verschiedenen Browsern.

Du musst nicht jedes Detail auswendig können – aber wenn du beim Gestalten deiner Website diese vier Prinzipien im Hinterkopf behältst, machst du schon sehr viel richtig.

Was das in der Praxis heißt? Im Artikel: Barrierefreie Website – häufige Barrieren und wie du sie beseitigst findest du konkrete Beispiele – von zu schwachen Kontrasten bis zu fehlender Tastaturnavigation.

Barrierefreiheit - Schaubild der vier Prinzipien der Zugänglichkeit: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit

WCAG-Stufen einfach erklärt: A, AA und AAA

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) definieren drei Stufen:

Stufe A (Grundlegende Barrierefreiheit)

Diese Stufe umfasst die Basics, die jede Website erfüllen sollte, um grundlegende Barrieren zu beseitigen. Dazu gehören Alternativtexte für Bilder, Tastatur-Bedienbarkeit und eine klare Überschriften-Struktur. Diese Anforderungen sind schon lange Standard im guten Webdesign und fallen unter die allgemeine Nutzerfreundlichkeit.

Stufe AA (Erweiterte Barrierefreiheit)

Hier geht es darum, die Benutzererfahrung weiter zu verbessern. Dazu zählen ein ausreichendes Kontrastverhältnis, die Möglichkeit, Text zu vergrößern, und ein Responsive Design, das sich an verschiedene Bildschirmgrößen anpasst. Diese Anforderungen bieten einen guten Kompromiss zwischen Zugänglichkeit und Umsetzbarkeit und sind für die meisten Websites ausreichend.

Stufe AAA (Höchste Stufe der Barrierefreiheit)

Diese Stufe vollständig umzusetzen ist sehr komplex. Für kleinere Unternehmen oder Einzelunternehmer ist es oft nicht praktikabel, alle AAA-Anforderungen zu erfüllen. (z. B. alternative Formate für alle Inhalte, erweiterte Navigationshilfen). Es kann sinnvoll sein, gezielt einige Anforderungen zu erfüllen, wenn sie für deine Zielgruppe besonders relevant sind.

Du musst nicht alles perfekt umsetzen – aber wenn du dich an den Empfehlungen der Stufe AA orientierst, gestaltest du deine Website schon deutlich zugänglicher als die meisten.

Auf einen Blick:

Stufe Bedeutung Was ist damit gemeint? Für wen sinnvoll?
✅ A Grundlegende Barrierefreiheit Alt-Texte, Tastaturnavigation, sinnvolle Struktur Mindestanforderung – für alle Websites empfehlenswert
✅✅ AA Erweiterte Zugänglichkeit Kontraste, Text skalierbar, verständliche Formulare Empfohlen für Selbstständige, kleine Unternehmen
✅✅✅ AAA Höchste Barrierefreiheit Vereinfachte Sprache, alternative Medien, erweiterte Navigation Für Behörden, Bildungseinrichtungen, spezielle Zielgruppen

Wie kannst du deine Website barrierefrei gestalten?

Einige einfache Schritte können schon einen großen Unterschied machen:

  • Alternativtexte für Bilder hinterlegen
  • Ausreichende Farbkontraste wählen
  • Navigation ohne Maus ermöglichen
  • Untertitel für Videos einfügen
  • Klar gegliederte, verständliche Texte schreiben

Mehr dazu findest du in meiner Checkliste für barrierefreies Webdesign.

Ist deine Website barrierefrei?

Was genau musst du nun tun, um zu testen, ob deine Website barrierefrei ist – und um sie bestmöglich barrierefrei zu machen?

In meiner „Checkliste für barrierefreies Webdesign: Schritt-für-Schritt-Anleitung“ findest du detaillierte Anleitungen, die du nacheinander abhaken kannst.

Du möchtest lieber direkt typische Fehler durchgehen? Dann schau dir diese Sammlung „Häufige Barrieren und wie du sie beseitigst“ an – inklusive Lösungswegen.

Diese Ressourcen helfen dir nicht nur bei der Umsetzung – sie geben dir auch das gute Gefühl, niemanden ungewollt außen vor zu lassen.


Fazit: Barrierefreiheit ist mehr als eine Pflicht – sie ist eine Chance

Barrierefreiheit ist keine reine Gesetzesfrage. Sie ist eine Entscheidung – für mehr Menschlichkeit im Netz.

Für Websites, die niemanden ausschließen.
Für Inhalte, die alle erreichen dürfen.
Für ein digitales Miteinander, das still wirkt – aber deutlich zeigt, was dir wichtig ist.

Du erreichst mehr Menschen.
Du wirkst professionell, verantwortungsvoll und zukunftsfähig.
Und du zeigst, dass Rücksichtnahme kein Widerspruch zu Design oder Strategie ist – sondern ein echtes Qualitätsmerkmal.

Das Gute ist: Viele dieser Dinge lassen sich leichter umsetzen, als du vielleicht denkst. Du musst nicht perfekt starten – aber du kannst bewusst den ersten Schritt gehen.

Du willst wissen, wie barrierefrei deine Website schon ist? Hier findest du meine Checkliste für barrierefreies Webdesign – zum Nachschauen und Loslegen.

Falls du unsicher bist, wo du anfangen sollst: Ich helfe dir gerne dabei! Schau dir meinen 1:1-Workshop „Barrierefrei-Boost“ an, in dem wir gemeinsam deine Website optimieren.

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